Die Stadt als Text

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Die Stadt als Text

Vertiefung Raumgestaltung
BA
2014

Ausgangssituation

Der Gedanke ist genial einfach. Michel Butor, Literatur- und Kunsttheoretiker, fragt sich: Was ist eine Stadt? Und wie nimmt der Mensch die Stadt wahr? Die Antwort ist für einen Buchbegeisterten nicht überraschend: Für Butor ist die Stadt ein Text. Der Gattung nach geradezu ein guter Roman. Überall begegnet uns Geschriebenes in den Städten: Hinweis- und Verbotsschilder, Reklametafeln, Denkmalinschriften und jede Menge unsichtbarer Text, gelagert in Archiven und Verwaltungen. Dieser Text der Stadt ist, gelesen oder ungelesen, das Wichtigste an Butors Darstellung. Denn in diesen Texten liegen die Wurzel der Stadt.

Lernergebnis, Inhalt, Methoden

 Nicht nur kommerzielle Interessen werden mit Texten im öffentlichen Raum besetzt. Auch gesellschaftliche, politische, religiöse und private Interessen fordern unsere Aufmerksamkeit. Wir nehmen die kommunikativen Vorgänge im öffentlichen Raum genauer unter die Lupe. Welche Bedeutung haben sie in unserer Alltagswirklichkeit? Mit welchen Methoden und Taktiken konstruieren sie ihre Vorstellungen? Welche Parteien treffen aufeinander?Im Medium Text eröffnet sich eine zusätzliche kulturelle Dimension des Diskurses über die Stadt. Er beschreibt – bisweilen subtil, häufig offensiv – den Wettstreit der Interessen und Meinungen, der über den bloßen Austausch von Informationen weit hinausgeht. Ein- und Überschreibungen in den öffentlichen Wahrnehmungsraum buhlen um unsere Aufmerksamkeit. Wem gehört der öffentliche Raum? Wer darf frei plakatieren? Wer knallt uns mit Marken, Logos und Werbebotschaften zu? Was ist das ausgelagerte Gedächtnis? Die Stadt-Texte liegen vor. Man muß sie lesen. Wir folgen dem Text der Stadt Innsbruck und fragen uns, wie wir die Texte als Orientierungs- und Informationssystem wahrnehmen. Wir lesen, editieren und kuratieren die Texte der Maria Theresien Strasse in performativen Schritten:

1 RECHERCHETEXT

Wir notieren alle Textinformationen der Maria Theresien Strasse und ordnen und quantifizieren sie nach Kategorien (Werbebotschaften, Verhaltensregeln, Geschichtsinformationen, Politik, Religion,Gesellschaft, Haustierbeerdigungen,..) und Rechtsstatus (bewilligter Text (Bsp. Reklametafel) oder unbewilligter Text (Bsp.Graffiti)

2 BLINDTEXT

Wir „entschriften“ den öffentlichen Raum, indem wir Werbeaufschriften, Reklameschilder, Piktogramme, Firmennamen etc. mit zugeschnittenem Karton verdecken und so ein neues Stadtbild prägen.

3 DEMOTEXT

Wir „nehmen“ die Textschichten von den Fassaden, schreiben, tapen und sprayen diese inhaltlich unverändert auf Demokartons. In einer polizeilich angemeldeten Versammlung tragen wir diese als plakative Frage nach der Kuratorenschaft der Texte in der Stadt durch die Strasse.... loud and proud.

4 KONTEXTTEXT - Juni 2016

Wir ordnen die Botschaften neu und somit die wechselseitige Kontextualisierung. Die tragbaren Texte der Demokartons werden mit den festen Texten der Stadtoberfäche zusammen-, gegenüber-, oder übereinandergestellt.

5 OBJEKTTEXT

Wir interpretieren Straßenobjekte als Kunstwerke. Wir geben den Exponaten einen Titel und beschreiben ihre Herstellungstechnik.